Happening in Berlin: Pop-Kultur ist zurück!

Liebe Freundinnen und Freunde von Pop-Kultur,

wir sehen uns vom 23. bis 25. August in der Kulturbrauerei! Heute präsentieren wir erste Programmpunkte, ein neues Ticketsystem und weitere unwiderstehliche Gründe, Pop-Kultur 2017 in eure Herzen zu schließen:

10+ Commissioned Works by

ABRA / Abu Hajar & Jemek Jemowit / Andreas Dorau / Balbina / Circuit des Yeux / Darkstar & Cieron Magat / Evvol  / Fishbach & Lou de Bètoly / Grandbrothers / Hendrik Otremba / Romano / Steven Warwick

70+ Concerts, DJ-Sets, Talks and Movies by

Alexis Taylor / All diese Gewalt / Anna Meredith / Arab Strap / Boiband / Emel Mathlouthi / Erobique / Friends of Gas / Islam Chipsy & EEK / Lady Leshurr / La Femme  / Let’s Eat Grandma / Noveller / Riff Cohen / Sophia Kennedy / Tasseomancy / Young Fathers

Grund 1. Es gibt jetzt ein Ticket für Alles. Und das noch günstiger!

Nichts gegen unser gutes altes Modulsystem, aber ist es nicht auch schön, sich einfach mal von der Kunst treiben zu lassen? Daher gibt es dieses Jahr ein Ticket für das große Ganze zum maximalen Entdecken auf dem Gelände. Und das schon ab 60 Euro zzgl. Gebühren. Und keine Sorge, im Mai präsentieren wir auch Tagestickets. Bis dahin möge der Rest bitte hier zuschlagen.

Grund 2. Die »Pop-Kultur Commissioned Works«

Was heißt das eigentlich? Streng genommen natürlich »Auftragswerke« und genau das sind sie auch. Über zehn Eigenproduktionen, die Pop-Kultur bereichern und 2017 als Heart und Soul des Festivals agieren. Aktuell stecken wir schon fleißig die Köpfe mit Balbina, Darkstar, Romano, Fishbach und allen anderen Künstler*innen zusammen, so dass wir euch schon bald viel mehr zu den »Pop-Kultur Commissioned Works« sagen werden …

Von links nach rechts: ABRA / Steven Warwick / Balbina / Romano und andere präsentieren „Pop-Kultur Commissioned Works“

Grund 3. Ein Line-Up, das es nur bei uns gibt

Von laut bis leise, von Ägypten bis nach Schottland – das Programm von Pop-Kultur bleibt unverwechselbar. Konkret heißt das: All diese Gewalt neben Hot Chip Mastermind Alexis Taylor, Entertainment-Allzweckwaffe Erobique, UK Grime Shootingstar Lady Leshurr, die einzig wahren Arab Strap, Let’s Eat Grandma, La Femme und die mächtigen Young Fathers.

Grund 4. Über 70 Programmpunkte

Dies wird euch gefallen: Talks, Workshops, Konzerte, DJ-Sets und Dinge, die so interdisziplinär sind, dass wir noch einen Moment brauchen, um uns auf eventuelle Kategorisierungen festzulegen. So wird sich Pop-Kultur unter anderem mit Kollektiven wie female:pressure zusammenschließen um sich gemeinsam für Empowerment und Selbstbestimmtheit im Musikbusiness einzusetzen. Wir beschäftigen uns mit der Verknüpfung von Literatur und Pop, thematisieren die Geschichte des Ost Undergrounds und feiern im Rahmen des Projektes SKM 60 an drei Abenden den Geburtstag der Berliner Labels Shitkatapult, Karaoke Kalk und Monika Enterprise. Ihr seht, wir nehmen uns gern etwas mehr Zeit für den Zeitgeist.

Grund 5. Kurze Wege und neue Multifunktionalität – Hallo, Kulturbrauerei

Wir können uns in der Tat kaum einen besseren Ort vorstellen, um Kunst und Kreativität zu zelebrieren. Euch erwarten drei laue Sommernächte auf einem Gelände, das wir mit allerhand Ideen bestücken werden, von denen ihr euch alle mitreißen lassen werdet.

Grund 6. Wir haben weiterhin ein großes ❤ für den Nachwuchs

Das »Pop-Kultur Nachwuchs«-Programm wird erneut eine wichtige Säule des Festivals sein. 250 Talente aus der ganzen Welt werden in rund 40 Workshops fit für die popkulturellen Herausforderungen der Zukunft gemacht. Die Bewerbungsphase startet am 10. Mai. Wir geben euch da noch einmal Bescheid!

Na, haben wir eure virtuelle Liebe sicher? Wir halten euch gern auf dem Laufenden, denn aktuell passiert einfach eine ganze Menge. Schaut uns doch gern via Social Media Kanäle hier, hier und hier über die Schulter. Oder ihr hört euch schon mal durch unsere Spotify-Playlist mit allen bisher bestätigten Künstler*innen. Ach, und Tickets kaufen nicht vergessen. Keine Ahnung, wie es euch jetzt geht, aber wir haben nun richtig Lust auf Frühling, Sommer und den ganzen Rest.

Gefällt euch? Gefällt uns!

Tickets für Pop-Kultur 2017 gibt es genau hier

Foto-Credits:

ABRA (Pressefoto)
Steven Warkwick (Pressefoto)
Balbina (Foto: Jacob & Hannah)
Romano (Pressefoto)
All Diese Gewalt (Foto: Max Zerrahn)
Lady Leshurrr (Pressefoto)
Let’s Eat Grandma (Pressefoto)
Young Fathers (Pressefoto)


Hendrik Otremba: Über das Schreiben

Schreiben kann jeder? Nicht wirklich. Zumindest nicht in der Intensität, die den Leser wirklich erschüttert. Hendrik Otremba ist Frontmann und Texter der Post-Punk Helden MESSER, aber auch Maler und Kulturjournalist. Bei Pop-Kultur 2016 wird er nicht nur seinen Debütroman „Über uns der Schaum“ vorstellen, sondern auch im Rahmen des Nachwuchs-Programms einen Workshop über das Texten an sich geben. Exklusiv für Pop-Kultur hat Otremba seine Ideen zu dem Thema zusammengefasst.

Foto: Dirk Elsing

Ein Text kann plötzlich da sein. Ein Text kann Jahre auf sich warten lassen. Ein Text kann in Fragmenten entstehen oder schon vollkommen erscheinen. Ein Text kann einer Sache dienen oder sich gegenüber der Welt verschließen. Ein Text kann eine Botschaft haben oder den Autor töten. Ein Text kann schon ewig darauf warten, dass du ihn schreibst. Oder du bist es, der ewig wartet, dass etwas zu Worten findet. Scheinbar gibt es ihn also gar nicht, den Text. Text kann nämlich alles Mögliche sein. Eigentlich kann alles Text sein, was gelesen werden kann – oder: alles, das Bedeutung herstellt. Was aber sagt das über das Schreiben?

Zunächst nichts spezifisches, außer dass es unzählige Möglichkeiten gibt, zu schreiben – von den Gegenständen gar nicht erst zu sprechen. Hier soll es nun aber um eine durchaus spezielle Form des Schreibens gehen, um die Dichtkunst nämlich, um das Schreiben poetischer Texte für Musikstücke. Nicht im Sinne einer Dienstleistung, sondern vielmehr als etwas, dass unbedingt hinaus muss, das geschrieben werden will, das man schreiben muss. Wie genau findet das zu einer Form, die kunstvoll ist, die einem selbst etwas zurückgibt und dies auch bei anderen schafft? Etwas zu geben. Dafür, und hier warte ich mit einer satten Enttäuschung auf, gibt es kein Rezept. Jeder Mensch schreibt nämlich anders, so wie es hier nun auch nur um mein Schreiben gehen kann. Es gibt jedoch Überlegungen, die man anstellen, Entscheidungen, die man treffen, ein Bewusstsein, das man schärfen kann. Schreiben nämlich funktioniert am besten, wenn man begriffen hat, in welcher Situationen es für einen am besten funktioniert. Gleichzeitig darf man nicht zu viel über sein Schreiben wissen. Das ist ein Widerspruch, den man nicht erzählen kann.

„Es sollte wehtun, sonst hat es keinen Sinn“

Spielen wir vielleicht eine Möglichkeit durch: Ich habe Texte geschrieben, weil es einen konkreten Anlass gab. Das ist möglich und auch sicherlich für viele Musiker häufig der Fall. Für einen solchen anlassgegebenen Text – ich meine gesellschaftliche Ereignisse, das Sterben, Systeme, politische Attentate etc. – braucht man Erschütterung, ich zumindest brauche das. Ich muss so erschüttert sein, dass ich meine Sicherheit – das andere (unsichere) Schreiben, auf das ich gleich komme – opfere, und mich zur Tinte zwinge.

Nur wenn man sich unabbringlich aufgefordert fühlt, von Zuständen, die einem nicht tragbar sind oder die einen davontragen, sollte man sich zum Schreiben hinsetzen.

Das ist hart, eigentlich würde man doch gerne sicheren Schwertes gegen die ganze Welt anschreiben, ständig, gegen das Leid, die Ungerechtigkeit, den Schmerz, gegen Dinge, die in ihrer Summe so abstrakt sind, dass man einzig sinnvoll einen Schrei zu Papier bringen könnte. Doch so häufig man das will, um so seltener sollte man es tun. Ich plädiere hier für einen Haushalt, der dreht und wendet, das Hinsetzen nur erlaubt, wenn es nicht anders geht, wenn man sich – Vorsicht! von einer höheren Macht (???) dazu genötigt fühlt, zu schreiben. Der Schrei nämlich soll gehört werden, deshalb muss er seine kakophonischen Laute deutlich ausstoßen – und daher sollte man sich wirklich nur entscheiden entschieden zu schreiben, wenn es nicht anders geht.

Ich bin der festen Überzeugung, dass ein solches Schreiben nur Sinn macht, wenn es einem um das Leben und den Tod des eigenen Schreibens geht und wenn das Schreiben etwas ist, das mit Leben und Tod zu tun hat. Oder anders (pardon my french): Nicht mal eben einen raushauen, nicht zu einem Thema schreiben, das einen schon lange beschäftigt, nicht endlich ein Zeichen setzen. Das darf sich nicht nach Erfüllung anfühlen, nicht nach Engagement, nicht nach einer attraktiven Parole. Vielmehr nach einer unlösbaren Aufgabe. Dann wird man zu Worten finden, sollte aber wiederum harte Kritik an diesen üben, sollte sie immer und immer wieder überdenken, schleifen, verprügeln, aufpäppeln, schärfen, scharf machen. Solche Texte nämlich müssen sein, müssen wirklich sein, aber sie dürfen nicht zu häufig entstehen. Sonst verlieren sie ihre Wirkmacht. Wenn die Fähigkeit zu einem solchen Schreiben in einem steckt, sollte man sie bändigen, nur äußerst selten herauslassen. Es sollte wehtun, sonst hat es keinen Sinn. Es gibt deshalb nur ganz wenig gute Protestsongs. Das ist also das eine.

Diffuses Gefühl vs. Konkreter Plan

Es gibt aber noch ein Schreiben, ebenso schützenswert wie das hier zuvor ins Licht gerückte – das ist das andere. Es gibt sicher noch viel mehr, aber ich will noch über das hier sprechen. Wenn man sich nämlich selbst als Schreibender überlistet, wenn man es schafft, sich den Worten zu übergeben. Dafür gibt es auch kein Rezept. Es funktioniert aber anders als das sich hinsetzende Schreiben. Oft fragmentarisch, nachts, kurz nach dem Erwachen, kurz nach dem Schlafengehen, in Entspannung, im Rausch, zwischendurch, mit ewig langen Pausen dazwischen, auf einer Zugfahrt, mit wiedergefundenen Notizen, mit plötzlichen Sätzen in Köpfen, in einem nassgeweinten Kissen. Kurz: ein Schreiben, für das man sich nicht hinsetzt. Eher: ein Schreiben, vor dem man sich hinkniet. Dieses Schreiben bedarf höchstens einer leisen Ahnung. Eines diffusen Gefühls. Wenn man einen Plan hat, sollte man es lassen. Dieses Schreiben muss man langsam herausfinden, muss sich ihm hingeben lernen, Vertrauen finden. Dann kommt es. Ein Schreiben, für das man ein Messer benutzt, oder eine Schere, Dinge auseinanderschneidet, so dass sie irgendwo herumgeistern, alleine, in ihrer Isolation an sich selbst Gefallen finden. Lauter kleine Partikel, die man wieder vergisst, nicht für voll nimmt. Wenn sie es Wert sind, werden sie wiederkommen, werden sie zueinander finden, werden auf einander zu krabbeln, wie von Geisterhand geschoben, Insekten, die vor dem warmen Atem eines Riesen flüchten und schließlich einen Krumen Brot finden. Dabei kann man dann zuschauen, ist kaum noch Teil des Prozesses, mehr Marionette, Ausführender.

Auch die Bedeutungen, die so entstehen, brauchen einen nicht mehr, auch wenn sie alles andere tun, als von einem abzulassen. Sie sind an einen gebunden, erschließen sich einem später, machen dann mehr Sinn, als man es jemals für möglich gehalten hätte.

Wenn ein Text dann fertig ist, weiß man es, dann ist er einfach da, hat für sich entschieden, zu seiner Form gefunden zu haben.

Wenn er alleine fertig geworden ist: erst dann gehört er einem, im selben Moment nur einem selbst und nur allen anderen. Dieser Text gehorcht dann jedem anders, jedem entzieht er sich anders, jeder gehorcht ihm anders. In ein paar Versen können dann Welten existieren, die sich einander ausschließen.

Wenn man es sich erlaubt hat, einen Text so zustande zu bringen, wenn man Geduld hatte, losgelassen und gleichzeitig an sich gebunden hat, dann ist das ein wunderbares Gefühl. Darüber darf man dann glücklich sein. Und streiten.

Das sind zwei Schreibweisen, vielleicht sind es auch alle. Woher soll ich das auch wissen? Ich weiß ja nichts, außer dass es stimmt. Und dass man wohl tot ist, wenn es versiegt.

Hendrik Otremba

Ihr wollt am Workshop mit Hendrik Otremba, sowie vielen weiteren prominenten Dozenten, wie Algiers, SassyBlack, Colin Newman von Wire und anderen teilnehmen? Dann klickt noch bis zum 20. Juni auf das Banner genau hier.
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